Dienstag, 9. Februar 2016

Fehler - Teil 6 Islandprojekt

Nach dem Schären (Ablängen der Kettfäden) ging es daran, die Kette auf den Webstuhl zu bringen. Ohne meinen Mann (wir sind inzwischen beim Aufbäumen ein eingespieltes Team) war das schwieriger und es stellte sich auch hinterher raus, dass die Kettspannung durchaus ungleichmäßig ist. Danach wurden die Fäden in einer bestimmten Reihenfolge in die Litzen und in das Blatt eingezogen um den Diamantköper zu ermöglichen.

Und dann, ja dann wollte ich anfangen zu weben! Aber es gab erstmal ein großes Chaos. Die Kettfäden klebten extrem stark trotz des starken Dralls aneineander und ganz schnell rissen die ersten Fäden. Außerdem öffnete sich das Fach nich richtig, weil die Schäfte schlecht angeschnürt waren. Also ab unter den Webstuhl, Schäfte neu angeschnürt und eine Schlichte gegen das Kleben gekocht.

Für die Schlichte habe ich das genommen, was da war: Maisstärke, Olivenöl und Wasser. Das wurde zusammen aufgekocht und nach dem Abkühlen als glibbriger Schleim auf die Kette aufgetragen. Das legt die Faser schlicht (siehe o.a. Link) und glatt aneinander.
Am nächsten Morgen gab es den nächsten Versuch. Die Fasern klebten jetzt nicht mehr so aneinander, aber das Fach, wo das Schiffchen durchmuss, war immer noch mies und unregelmäßig! Also wieder unter den Webstuhl, verschiedene Anbindeschnüre ersetzt, verlängert, verkürzt. Leider ergab das immer noch nicht das gewünschte Resultat, die Querschemel behinderten sich gegenseitig.
Erst am Tag danach und mit kompletten Abbinden und neu Aufbinden von Tritten und Schemeln gab es endlich, endlich ein zufriedenstellendes Fach, das einen flüssigen Webablauf gewährleistet.

Es reißen jetzt immer noch Fäden und das Muster kommt nicht so schön heraus durch die aufgetragene Schlichte, aber es geht endlich voran.

Was mich jetzt brennend interessieren würde ist ein genaues!!! Wissen um die Wollvorbereitung und  Spinntechnik des Frühmittelalters  und ob vielleicht auch Schlichten verwendet wurden. Natürlich sind die kaum noch nachzuweisen, da sie ja bei der ersten Wäsche herausgewaschen werden. Ein Stärkekleister und Tierfett dürfte ja im Bereich des Möglichen gelegen haben. Für Hinweise auf Untersuchungen wäre ich sehr dankbar.

Fazit insgesamt der letzten drei Tage: nicht nur die handgesponnene Kette sondern auch der Webstuhl sind etwas zickig und müssen mit besonderer Aufmerksamkeit behandelt werden. Schließlich hat der Webstuhl, so wie die andern im Raum schon ein gewisses Alter auf dem Buckel ;-)








Teil 7








8 Kommentare:

  1. Klingt spannend... warte auch gespannt auf Info bezueglich klebender handgesponnenen Kettfaeden, das Problem habe ich auch... der entstehende Stoff sieht sehr schön aus, tolle Farben!!!

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Die Schlichte funktioniert ganz gut, ist hqalt Sauerei, weiln immer was daneben geht. Ich werde Webstuhl und Boden nach Beendigung der Arbeiten ordentlich waschen müssen.

      Löschen
  2. Oh - je ! Das ist sicherlich wie ein alter Firmenwagen, der von Hinz und Kunz geritten wurde. 30 Jahre ist ja kein Alter für einen Webstuhl, aber gut behandelt werden muss er. Das Gewebe sieht gut aus. Ich wünsche Dir weiterhin Ausdauer und Langmut.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Danke!!! Die Webstühle hier sind noch eigentlich noch älter. Leider gibt es niemanden, der sich so wirklich ums sie kümmert und viele der Künstler, die hier residieren, haben halt vom Handwerklichen nicht wirklich soviel Ahnung.

      Löschen
  3. Gaby Fischer/facebook Die Hausweber im Hunsrück (Leinen u. später Halbleinen) haben als Schlichte traditionell einen dünnen Brei aus Roggenmehl und Wasser verwendet, mach ich auch so...

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Der Löffel Olivenöl gibt der Schlichte noch ein wenig Geschmeidigkeit, es funktioniert ganz gut!

      Löschen
  4. Es ist sicher belegt (könnte Dir die Titel nennen, allesamt isländische Bücher älter als 60 Jahre), dass man früher beim Spinnen von reinem Deckhaar (tog) - was sich ja für die Kette anbieten würde - Fett von sog. hangikjöt (geräuchertes Lammfleisch) verwendet hat, um den Faden gleichmäßiger und dünner werden zu lassen. Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass dies auch im Frühmittelalter bereits der Fall war. Hast Du reines tog verwendet? Allein dies ist ja normalerweise schon glatter. Unabhängig davon waren ja in Island Webstühle erst ab ungefähr Ende des 18. Jahrhunderts vorhanden (importiert und dann nachgebaut), vorher waren es ja die Dir bekannten Konstruktionen mit hängenden Steinen (abgesehen von spjaldvefnaður, vermutlich das, was auf Deutsch Brettchenweben heißt, ich kenne mich nur mit den isländischen Begriffen aus). Ich halte es für sehr unwahrscheinlich, dass das im Frühmittelalter anders war. Dabei hängen ja die Fäden lose und es gibt diese Problematik nicht, die auf einem Webstuhl entstehen. Oder sehe ich das ganz falsch?

    AntwortenLöschen
  5. Beim Gewichtswebstuhl (kljásteinavefstól) entstehen diese Probleme auch, weil die Fäden ja aneineander vorbeireiben, wenn das Fach geöffnet wird, hier halt nur in der Vertikalen anstatt in der Horizontalen wie bei Trittwebstuhl.
    Die meisten gefundenen Textilien aus dem Frühmittelalter (FrüMi) waren eine Mischung aus Tog und Þel.

    AntwortenLöschen

Die Kommentare werden freigeschaltet, es wird daher etwas dauern, bis sie erscheinen.