Wir möchten hier textile Reproduktionen und Interpretationen vorstellen, die auf Grund von Recherche und eigenen Überlegungen entstanden sind. Dabei liegt der Fokus eindeutig auf der Eisenzeit bis hin zum Frühmittelalter, wenn auch das ein oder andere Stück aus späteren Epochen eingestellt werden soll. Außerdem gibt es auch hin und wieder einen Bericht über das Drumherum, die Recherche und Probleme bei der Umsetzung. Autoren: Hans und Marled Mader
Donnerstag, 14. Februar 2013
London II
Nach der Mittagspause zeigte Myriem Naji ihren Film über die Berberweberinnen. Die theoretischen Ausführungen des Morgens gewannen plötzlich an Plastizität und Anschaulichkeit und an mehr als einer Stelle gingen bei mir etliche Lichter an. Eindrücklich war auch die Intensität, mit der die Weberinnen zu Werke gingen; schade, dass diese Tradition zu Ende geht und danke an Myriem, dass sie es sozusagen auf den letzten Drücker geschafft hat, den Prozess dokumentarisch festzuhalten.
Leider haben sich die im Film arbeitenden Frauen nicht bereit erklärt, dass der Film weiter verbreitet wird; zu Hause habe ich auch gleich ein wenig recherchiert, ob vielleicht an anderer Stelle eine ähnliche Dokumentation zu bekommen ist - ohne Erfolg. So wird die Erinnerung mit den wenigen Fotos helfen müssen, das Gesehene auch bei der Umsetzung zukünftiger Projekte verwenden zu können.
Den mitgebrachten Umhang, der zur Begutachtung auslag, haben Silvia und ich natürlich in der Pause genauestens unter die Lupe genommen.
Danach kam ein besonders für mich interessanter Vortrag über die Herstellung (spät)antiker (römischer) Textilien, die durch den Film von Myriem noch einen anderen Hintergrund bekamen.
Sie zeigte anhand vieler Beispiele, wo und mit welchen Methoden Kleidungsstücke der Antike passgerecht gewoben wurden, angefangen von Borten als Anfangskanten von Kleidungsstücken bis hin zur zweiteiligen Tunika. Auch hier wieder Aha-Erlebnisse und die Erkenntnis, gewisse Paradigmen in Bezug auf Webtechnik und Webgerät zu überdenken bzw. anzupassen.
Der nächste Vortrag war für mich persönlich der schwächste; das Buch der Referentin: Dress and cultural identity in the Rhine-Moselle Region of the Roman Empire habe ich im Bücherschrank stehen, von daher waren mir die Inhalte des Vortrages vertraut.
Der Verfasserin geht es dabei weniger um die Textilherstellung, sondern mehr um die Darstellung von Kleidung bei diversen römischen Statuen und Figurengruppen. Die Schlüsse, die sie dabei gezogen hat, konnte ich nicht so ganz nachvollziehen. So ging es ihr unter anderem darum nachzuweisen, dass die gallische männliche Bevölkerung keine Hosen, wie in etlichen schriftlichen Quellen erwähnt wird, getragen hat.
Der nächste Vortrag war wieder ein Highlight, nicht nur weil Gale Owen-Crocker eine sehr lebhafte und plastische Art der Darstellung hat, sondern auch weil Inhalte überzeugend und in sich schlüssig dargestellt wurden. Sie zeigte, wie an Hand von Funden bestimmte Lebensbilder rekonstruiert werden können und sie stand auch zu ihren Fehlern in früheren Veröffentlichungen bzw. zeigte anhand von zwei Rekonstruktionen, wie sich ihr Bild im Laufe der Zeit verändert hat. Ganz besonders erfreulich fand ich ihre Aussage, dass ihr dabei auch die praktischen Umsetzungen der Reenactors geholfen haben, würde ich hier auch mal gern von unseren Wissenschaftlern hören. Im Pausengespräch erfuhr ich so nebenbei, dass sie auch die Herausgeberin der Buchreihe: Medieval Clothing and Textiles ist.
Schon recht müde ging es dann in die letzte Runde, die aber nocheinmal sehr interessant und eindringlich war. Frances Pritchard stellte die Grabungsergebnisse von Dublins wikingerzeitlicher Siedlung vor. Es gab dabei keine Grabfunde, sondern ausschließlich das, was der Alltag in der Siedlung hinterließ, darunter auch viele textile Überreste. Vor einem halben Jahr waren mein Mann und ich ja selbst in 'Dublin im Nationalmuseum und damals fielen mir schon die vielen ausgestellten Textilüberreste auf. Beachtenswert auch wieder die Feinheit einiger Stoffe mit 50 Fäden pro cm!
In der anschließenden Schlussdiskussion ergaben sich noch einmal etliche interessante Gesichtspunkte, allerdings ließen meine Konzentration und Aufnahmefähigkeit deutlich nach. Nachdem ich mich nochmal persönlich beim Initiator bedankt hatte, blieb uns draußen vor dem Rückweg zum nächsten Restaurant und ins Hotel nur noch ein Blick auf Londons Skyline!
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Danke für den tollen Beitrag Marled! Ich hoffe du kannst die gewonnen Erkenntnisse umsetzen!
AntwortenLöschenPatrick
Garantiert! ls Langfristvorhaben steht eine Paenula mit der Technik der Berberfrauen schon auf dem Plan!!!
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