Das Kettgarn ist in ausreichender Menge gefärbt, und muss jetzt zum Weben vorbereitet werden. Wie im Original werde ich je zwei Fäden Blau mit zwei Fäden Beige abwechseln.
Nachdem das benötigte Garn geschärt (auf Länge gebracht ist) und auf den Kettbaum meines Webstuhls aufgebäumt (auf die hintere Walze aufgerollt) wurde, kommen jetzt die nächsten Überlegungen zum Einzug in die Litzen, der das Muster bestimmen wird.
Bei der Tunika wurde ein Diamantköper (siehe auch meinen Blogbeitrag hier) gewebt, allerdings kein regelmäßiger.
Normalerweise gibt es bei den Stofffunden immer einen regelmäßigen Einzug, das heißt die Kettfäden werden in einer bestimmten Reihenfolge durch die Litzen gezogen, was sich dann nach einer bestimmten Sequenz wiederholt.
Ein sehr beliebtes Diamantköpermuster ist z. Bsp. dieses hier, wo nach jeweils 6 Fäden die Musterumkehr erfolgt, ein "Diamant" besteht als insgesamt aus 12 Fäden und das wird regelmäßig über die ganze Stoffbreite wiederholt.
Bei der Lendbreentunika gibt es aber keinen regelmäßigen Rapport (Sequenz), sondern die Anzahl der Fäden, die einen Diamanten bilden ist unregelmäßig - mal sind es 8 Fäden bis zur Musterumkehr mal 12 oder was dazwischen. Auch die Schussfolge ist unregelmäßig.
Hier zeigen sich auch die Grenzen eines industriell erzeugten Stoffes in einer Darstellung; solche unregelmäßig gewebten Stoffe, die der Beliebigkeit der Weberin entsprungen sind, werden natürlich kaum in großem Maße von der Industrie gefertigt.
Für mich ergibt sich beim Einzug dann eine neue Herausforderung, da ich bis jetzt immer recht systematisch beim Litzenstechen vorgegangen bin um mögliche Fehler zu vermeiden, aber frau lernt ja durch Herausforderungen.
Eine weitere Besonderheit des Stoffes - die Brettchenkante mit vier Brettchen an einer Seitenkante lasse ich diesmal weg. Sie ist in der fertigen Tunika nur innen zu sehen und daher als gestaltendes Element nicht unbedingt erforderlich. Bei einer 1:1 Reko wäre sie natürlich unabdingbar.
"A tablet-woven band on the inside of the side seam in the body section was made with four
tablets. Both light brown z-twisted wool yarn and a darker brown yarn with corresponding
spinning are used. The band is hidden inside the tunic and only visible from the reverse.
Narrow tablet-woven edges of this type are quite common in Roman period textiles and
appear to have been used both for starting borders and, as in this case, for selvedges (Schlabow
1976; Hald 1980; Ræder Knudsen 2011)." (1)
Ich bin mit dieser Erklärung nicht so ganz einverstanden, für mich deutet das eher darauf hin, dass die Tunika eventuell quer gewebt sein könnte, dass also das, was hier als Kettfäden angesprochen wird, die Schussfäden sein könnten. Das Fehlen einer brettchengewebten Webkante auf der anderen Seite lässt mich zu dieser Überlegung kommen. Das Querweben von Tuniken ist im Bereich des Römischen Reiches durchaus nachgewiesen. Aber ohne genaue Untersuchung bleibt das nur eine Vermutung.
(1) S. 791 in:
Out of the Norwegian glaciers: Lendbreen—a tunic from the early first millennium AD
Marianne Vedeler1 & Lise Bender Jørgensen2
C Antiquity Publications Ltd.
ANTIQUITY 87 (2013): 788–801
Teil 3
Wir möchten hier textile Reproduktionen und Interpretationen vorstellen, die auf Grund von Recherche und eigenen Überlegungen entstanden sind. Dabei liegt der Fokus eindeutig auf der Eisenzeit bis hin zum Frühmittelalter, wenn auch das ein oder andere Stück aus späteren Epochen eingestellt werden soll. Außerdem gibt es auch hin und wieder einen Bericht über das Drumherum, die Recherche und Probleme bei der Umsetzung. Autoren: Hans und Marled Mader
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Sehr spannend !
AntwortenLöschenDas Muster macht Fältchen in die Augen, hoffendlich flimmert das nur als Patrone und am Webstuhl.
Das sieht schon mal gut aus :-)
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