Freitag, 13. September 2013

Die Farben der Vergangenheit - 1. Teil Krapp

Angeregt durch Diskussionen mit diversen Darstellern, Interessierten und Archäologen möchte ich hier einen kleinen Überblick geben über die Pflanzenfarben der Vergangenheit. Die folgenden Erläuterungen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und können durch neueste Erkenntnisse auch schon morgen überholt sein. Trotzdem finde ich allein schon für den häuslichen Gebrauch hier so eine Zusammenfassung nützlich.
Die Grundlage für die jeweilige Pflanzenfarben mit ihren Inhaltsstoffen ist der Schweppe: Handbuch der Naturfarbstoffe, 1993, Landsberg, sowie weitere Pflanzenfarbbücher und Recherchen im Internet; Grundlage für ihre Evidenz in der Vergangenheit sind verschiedene Fundberichte wie auch textilarchäologische Untersuchungen verschiedener Autoren.

Beginnen möchte ich mit dem Farbstoff Rot!



Der wichtigste Vertreter für rote Farben im Bereich der textilen Rekonstruktion ist der Krapp/Rubia tinctoria, der Farbstoff ist hauptsächlich Alizarin sowie Pseudopurpurin, Purpurin und weitere Farbstoffe aus dem Bereich der Anthrachinonfarbstoffe.

Er wird heute fast überall verwendet, wo es gilt, textile Stoffe, Garne oder Rohwolle rot zu färben für die Verwendung in historischen Textilien. Aber ist es so selbstverständlich, dafür Krapp zu nehmen?







Es erstaunt vielleicht den ein oder anderen, dass rot gefärbte Textilien schon aus der Bronzezeit nachgewiesen werden konnten, der Hauptteil nachgewiesener Textilfarben aber aus der Eisenzeit stammt. In einer Auflistung von Hofmann-de Kejzer/Grömer (Hallstatttextilien) findet sich erstmal allerdings kein Nachweis von Krapp, sondern eher von verwandten Vertretern aus der Familie der Rötegewächse (sic!) wie das Echte Labkraut/Galium verum,
Echtes Labkraut/Galium verum








Kletten-Labkraut/Galium aparine, Waldmeister/Galium odoratum und weiteren für den mitteleuropäischen Raum . Sie enthalten ebenfalls die o.a. Farbstoffe, allerdings in geringerer Konzentration und es fehlen bestimmte andere, so dass eine Unterscheidung zu den Färbungen mit Krapp gemacht werden kann.

Krapp taucht nachgewiesen in späteren Fundlagen auf, z. B. im Dürrnberg und in eisenzeitlichen Funden aus Norwegen.

Die Verbreitung des Krapp fand wahrscheinlich in der mittleren Eisenzeit vom Orient aus statt, in geschichtlichen Quellen wird Krapp von Strabo, Plinius, Dioskurides und im Talmud beschrieben.

Färbermeister/Asperula tinctoria -  in Mitteleuropa heimisch
Eine Besonderheit in der Familie der Rötegewächse ist der Färbermeister. Er enthält nur wenig Alizarin, dafür mehr Purpurin und Pseudopurpurin.
"So konnte auf Textilien von zwei dänischen Grabfunden aus der Zeit der Völkerwanderung nachgewiesen werden, dass es sich zwar bei den Rottönen um Färbungen mit Farbstoffen vom Krapptyp handelt. Da aber nur Pseudopurpurin und Purpurin, aber kein Alizarin gefunden wurde, ließ sich Krapp als Farbstoff ausschließen" (Schweppe, S. 238, leider ohne Fundangabe).

Persönliche Gedanken:
Eine Krappfärbung wird in der Szene immer  'minderwertiger' als eine Indigo/Waidfärbung gesehen, weil der Aufwand der Färbung bei Krapp geringer ist als bei der aufwändigeren Küpenfärbung und gern für die mittleren/unteren Stände empfohlen.
Ich kann mich diesem Gedanken nicht mehr anschließen. Sicherlich ist die Waiddfärbung etwas aufwändiger, aber die Kultur des Waid ist gerade in unseren mitteleuropäischen Breiten ungleich leichter als die des Krapp. Krapp braucht einen gut humosen, lockeren Boden, Wärme  und hat einen dreijährigen Entwicklungszeitraum, bis die Wurzel erntereif ist. Weitere zwei bis drei Jahre sollten die Wurzeln gelagert werden, damit sich der Farbstoff entwickeln kann.
Ich gehe davon aus, dass Krapp aus wärmeren Klimaten (Mittelmeerländer) importiert werden musste, wo er auf großen Flächen angebaut werden konnte. Ich halte es deshalb für wahrscheinlich, dass Krapp einen höheren Gegenwert als Waid darstellte, zumindestens im vorgeschichtlichen Zeitraum und dass in dieser Zeit, aber wahrscheinlich auch später mehr auf heimische Labkrautarten zurückgegriffen wurde.

Wird fortgesetzt

7 Kommentare:

  1. Stimme deiner Meinung zum Krapp zu. Auch, weil er mehr Vorsicht braucht als andere Farbstoffe, die auf "normale" Art gefärbt werden (hab's noch nicht probiert, stelle mir aber schwierig vor auf Holzfeuern 60°C nicht zu überschreiten.

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  2. Dazu habe ich einen volkstümlichen Gedanken:
    Oft werden Königsmäntel in rot dargestellt, dabei meine ich keine historischen Bildbelege, sondern Märchenbücher etc. Rot gilt immer wieder gerne als Farbe der Könige. Nicht etwa blau.
    Auch ich sehe rot als wertvoller, denn blau.
    Blau hat wiederum den Charme, in der Natur selten bis gar nicht vor zu kommen. Es gibt keine rein blauen Tiere,(mit Ausnahme exotischer Fische und Papageien...)und auch Blumen haben immer einen Hauch ins Lila.
    Blau wie es sich mit Waid/Indigo erfärben lässt, ist "künstlich". Dies und das Geheimnis das die Blaufärberei umgibt, übt eine große Faszination aus, die Rot zu verdrängen scheint.
    In meinen Augen völlig zu unrecht.

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  3. Dazu kommt noch, dass man für eine Waidfärbung zwar Erfahrung braucht, aber keine Beize. Die Küpenfärbungen "halten" auf den Fasern und sind lichtecht auch ohne Alaun (von dem ja nicht klar ist, ob es in der Eisenzeit in Mitteleuropa so leicht verfügbar war).
    Gruß, Steffi

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  4. Ich finde deine persönlichen Gedanken zum Thema Rot / Blau sehr überzeugend! Mir ist es früher als ich noch aktiv war öfter untergekommen, daß von Darstellern behauptet wurde Blau wäre viel zu wertvoll und das dürfe man nicht tragen, da es ja nur aus Indigo herzustellen sei. Wenn ich dann auf Färberwaid hingewiesen habe, waren meist eher leere Gesichter zu sehen. Die Idee mich zusätzlich über die Anbauweise von Krapp zu informieren, um desser wert herauszustellen kam mir da noch gar nicht. Ein Argument, daß ich aber jetzt wirklich auch überzeugend finde und im zum Weiterverfolgen defintiv im Kopf behalten werde.

    @wollmaus: Ich habe meine erste Krappfärbung (zwar auf dem Gasherd) aber völlig ohne Thermometer gemacht. Nach dem Motto: Versuch macht klug. :D Vielleicht hatte ich auch nur Anfängerglück, aber es wurde wunderbar rot und alles was ich beachtet habe, war den Sud nicht kochen oder köcheln/sieden zu lassen. Wäre auf jeden Fall nochmal interessant es auf einem Holzfeuer mit der Temeratur zu versuchen.

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  5. Marled, das mit dem schwierigen Krappanbau kann ich so nicht unterschreiben. Hier in der Gegend wurde er wohl großflächig angebaut. Bei meinen Recherchen bin ich sogar auf einen Anbau in Ostdeutschland (?) gestoßen. Da, wo er hier angebaut wurde (man brauchte die Farbe für die Uniformen) ist der Boden meines Wissens sandig. Zumindest die nächstgrößere Stadt ist bekannt für die sandige Umgebung. Gruß Juliana

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    1. Natürlich wurde Krapp auch hier in Deutschland zu späteren Zeiten kultiviert.
      Im VERGLEICH zum Färberwaid dürfte der Anbau von Krapp schwieriger gewesen sein. Das ist jetzt meine Erfahrung und die von Freunden. Man braucht bestimmte Bodenbedingungen (leicht, sandig, wie du schon schreibst). Der Krapp geht zögerlich auf und wächst langsam (Unkrautbekämpfung), braucht drei Jahre bis zur 'Erntereife' (das Feld ist inzwischen für anderen Anbau blockiert) und dann noch einmal bis zu drei Jahren Lagerung, bis sich der Farbstoff entwickelt hat. Waid wächst auch unter nicht so dollen klimatischen Bedingungen zügig und kann im ersten Jahr schon verwendet werden.

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  6. Die Bodenbedingungen gelten für viele Pflanzen - guck mal Getreide. In Gebirgslagen wachsen bestimmte Getreidearten auch ganz schlecht. Ich hab ein Labkraut angepflanzt und es wächst nicht sonderlich gut im Vergleich zum Krapp. Ich hab hier schweren Boden, leider keinen Sandigen wie jetzt 25/30 km südlicher. von uns, wenn ich den großen Wald noch einrechne, dann wären das grad mal zwei km südlicher, wo es schon sandiger wird. Ihr liegt ja wesentlich höher als wir. Da ist das Klima schon rauer. Gruß Juliana

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