Donnerstag, 27. Februar 2014

Ausflug in die Gegenwart

Mit der Automatisierung des Webens seit dem Jahr 1785 - erster Power Loom von Edmond Cartwright - haben sich die Webmaschinen rasant entwickelt, vor allem in den letzten 50 Jahren. Die Zeit, in denen Schiffchen wie beim Webstuhl den Schussfaden transportierten, ist schon längst vorbei. Heute gibt es verschiedene Möglichkeiten, die in diesem kleinen Film, den ich bei Youtube gefunden habe, anschaulich demonstriert werden, auch für die, die nicht ganz so gut englisch können!





Das Prinzip des Webens: Fachbildung - Schusseintrag - Anschlag ist allerdings das gleiche geblieben, nur halt eben in wahnsinnig hoher Geschwindigkeit.


Samstag, 22. Februar 2014

Strümpfe - zwischen Rieserferner und Les-Martres-de-Veyre

Bei den Überlegungen zu einer eisenzeitlichen Bekleidung kommt irgendwann die Frage auf: Was trugen die damals an den Füßen?
Das wirft etliche Fragen auf, denn wir haben nur ganz wenige Funde und noch weniger Abbildungen.
In unserem Verein haben wir uns zwischenzeitlich mit genadelten Socken geholfen, aber leider gibt es zwar in der Stein- und Bronzezeit einige Funde und später wieder in der Spätantike bei den Römern,
David Jackson [CC-BY-SA-2.0-uk (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/uk/deed.en)], via Wikimedia Commons
aber leider halt (bis jetzt) nichts für die vorrömische Eisenzeit.
Einen netten Fundkatalog zur Nadelbindung gibt es übrigens hier. Und hier gibt es eine wunderbare Nacharbeitung von Christina: http://wh1350.at/handwerk/wollverarbeitung/anleitung-nadelbinden-koptische-socken/

Wenn man tief genug gräbt, stößt man irgendwann auf zwei Fußbekleidungen, die zumindest den eisenzeitlichen Bereich mal einrahmen und auch von der Region her annähernd in das keltische Gebiet passen, sowie einen indirekten aus den eher germanischen, nördlichen Gebieten.
Indirekt darum, weil es sich dabei nicht um seperate Strümpfe sondern um intergrierte Füßlinge der berühmten Thorsberghose handelt.
 




By Photographed by User:Bullenwächter [GFDL (www.gnu.org/copyleft/fdl.html) or CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)], via Wikimedia Commons





















Bei der weiteren Recherche stößt der Interessierte dann auf zwei Fundorte in Südtirol und Frankreich- Bei dem einen handelt es sich um die Kleiderfunden vom Rieserferner; ein Hüttenwart sammelte in der Nähe des Gletschers 1992 einen Socken aus gewebtem Stoff auf und zwei Jahre später zwei Beinkleider:
Textilien vom Rieserferner, datiert auf das 8. - 6. Jhdt. v.u.Z.
Bei dem anderen handelt es sich um mehrere Kleidungsstücke einer gallo-römischen Frau aus Les-Martres-de-Veyre, unter anderem zwei Strümpfe und ein Paar Socken, bei der Datierung sind sich die Wissenschaftler anscheinend nicht einig. Da ich keine CommonMediaBilder gefunden habe, hier nur der Link zu sehr schönen Aufnahmen von Professor Michael Fuller.
Edit: Dank der freundlichen Erlaubnis von Professor Fuller darf ich die Bilder hier direkt verlinken:
These photos are used by permission of 
Prof. Michael Fuller, St. Louis Community College














Bei unserem Bastel- und Werkelnachmittag heute unter Anleitung von Daniel van den Woldenberg (Zeitenhandel) versuchten wir Strümpfe in Anlehnung an diese Funde zu rekonstruieren.
Daniel ist normalerweise im Spätmittelalter unterwegs und kennt sich daher gut mit dem Nähen von Strümpfen aus, auch wenn diese im Schnitt von unseren Funden abweichen.
These photos are used by permission of 
Prof. Michael Fuller, St. Louis Community College
Wir haben zuerst die Bilder der Funde betrachtet, und versucht einen Überblick über Machart und Trageweise zu schaffen. Genähte Strümpfe wurden stets mit Bändern getragen, die das Rutschen verhindern sollen, bekannt vor allem durch die recht aufwändig gestalteten Wadenbindegarnituren aus dem Frühmittelalter.
These photos are used by permission of 
Prof. Michael Fuller, St. Louis Community College
Natürlich hatten sich bei den o.a. Funden keine Reste solcher Bänder erhalten, aber zwei Löcher auf der Rückseite des Strumpfes veranlasste uns zu einigen Spekulationen. am oberen Rand befinden sich außerdem Fransen, die eine dekorative Funktion gehabt haben könnten. Denkbar wäre ein Umschlag an der oberen Kante über ein Halteband, dessen gedrehte Enden durch die beiden gesäumten Löcher nach außen geführt und dort zusammengebunden werden konnten.
Versuch einer Demonstration der
Trageweise mit Halteband unter den dekorativen Fransen.



Der Schnitt des Strumpfes ist eigentlich relativ simpel, da noch nicht so beinbetont, sondern eher weit. Er besteht aus einem Vorderfußteil und einer Beinröhre. Der Vorderfußteil hat eine Mittelnaht unter der Sohle. Daniel konnte uns versichern, dass diese Naht beim Tragen einfilzt und deshalb nicht unangenehm aufträgt beim Laufen. Für die Beinröhre ist der Wadenumfang an der dicksten Stelle ausschlaggebend.
Zuerst wurden die Schnittteile auf den Probestoff aufgelegt und unter großzügiger Nahtzugabe ausgeschnitten. Der Vorderfußteil sollte als erstes in Form gebracht, sprich mit einer Reihnaht der Fußform angepasst werden. Dann wurde die genaue Passform direkt am Fuß mit Stecknadeln festgelegt und anschließend endgültig genäht, und zwar bei der Spitze beginnend. Die Verbindungsnähte sind übrigens hier keine Kappnähte, da diese tatsächlich unter der Fußsohle zu dick auftragen würden, sondern mit der Naht, die man hier in dem folgenden .pdf auf der Seite 62 findet:
Rösel-Mautendorfer, Helga (2011)Genähtes aus dem Hallstätter Salzberg

Leider sind die fleißigen Näherinnen nicht bis zum Ende unseres Nachmittags fertig geworden, so dass ich das endgültige Ergebnis hier erst später vorstellen kann!
Danke auf jeden Fall an Daniel!!! Er hat wunderbar erklärt und uns gut weitergeholfen.
Beinröhre

Nahtzugabe

Vorderfußteil
Reihnaht mit der ungefähren Passform
Genaue Passform am Fuß abstecken
Passt!

Sonntag, 16. Februar 2014

Diamantköper - Rosettenköper

Weil das immer durcheinandergeworfen wird, hier noch mal eine kleine Information dazu:

Rautenköper

Diamantköper





Die Begriffe sind auch deshalb nicht leicht verständlich, weil es etliche Synonyme dafür gibt. So wird der Rosettenköper auch Rautenköper oder Spitzkaro genannt, der Diamantköper auch gebrochener Rautenköper und mit dem Wort gebrochen kommen wir schon zum wesentlichen Unterschied.

Das Gewebebild wird durch den Litzeneinzug und die Tretweise bestimmt - ich versuche es mal verständlich zu erklären. Mein Webstuhl hat vier Schäfte mit 'Litzen, durch die die Kettfäden gezogen werden, im einfachsten Fall Faden 1 in Schaft 1, Faden 2 in Schaft 2, Faden 3 in Schaft 3, Faden 4 in Schaft 4, Faden 5 in Schaft 1, Faden 6 in Schaft 2 usw.
Beim Köper hebe ich jetzt immer 2 Schäfte gleichzeitig hoch, damit der Schussfaden daruntergleiten kann, die Fäden in den Schäften liegen also im Gewebe oben. Dabei wechsele ich die Schäfte ab.





1. Pfeil: der Schuss läuft unter den beiden Kettfäden, 2. Pfeil: der Schuss läuft über den Kettfäden.

Das Gewebebild eines normalen 2/2-Köpers sieht dann so aus:
2/2 Köper


Jetzt kann ich den Einzug verändern: F 1 auf Sch 1, F 2 auf Sch 2, F 3 auf Sch 3 F 4 auf Sch 4,  F 5 auf Sch 3, F 6 auf Sch 2, F 7 auf Sch 1 und so weiter, also sozusagen im Zickzack, das sieht dann so aus:
Zickzackköper
 Zusätzlich kann ich noch die Reihenfolge verändern, in der ich jeweils die Schaftpaare hochhebe. Beim Spitz(Zickzack)köper hebe ich in folgender Reihenfolge, die auch für den einfachen Köper gilt: Sch 1+2, Sch 2+3, Sch 3+4, Sch 4+1 und wieder von vorne.

Spitzköper









Bei veränderter Reihenfolge ergibt sich dann auch ein verändertes Gewebebild, zum Beispiel ein Rosetten(Rauten)köper












Der Diamantköper entwickelt sich aus dem Fischgrat, bei dem der Einzug der Fäden an einer bestimmten Stelle einen Schaft überspringt, Er wird deshalb auch gebrochener Einzug genannt. Diese Stelle ist auch im Gewebebild sichtbar, da stoßen die Diagonalen versetzt aufeinander.












Ich hoffe, das war verständlich, denn es ist nicht ganz so einfach, ohne konkretes Anschauungsmaterial zu erklären.

Freitag, 14. Februar 2014

Kleine Zwischenarbeit



So zur Ablenkung mache ich mich endlich mal an ein seit längerem bestelltes Schultertuch. 


Ich hatte im letzten Jahr Probleme nicht nur mit Krapp sondern auch mit Indigo. In einem Färberforum habe ich jetzt erfahren, dass wohl eine größere Lieferung stark mit Asche gestrecktem Indigo aus Indien bei den Großhändlern ankam, die Ernte war schlecht.  Das sieht man dem Pulver nicht an, jedenfalls nicht als Laie, aber es macht sich beim Färben sehr bemerkbar, mehr als ein Mittelblau konnte ich mit den üblichen Mengen nicht erzielen.

Gegen Anfang des neuen Jahres habe ich dann neues Indigo bestellt und es ist wieder eine sehr gute Qualität - die Farben wurden überraschend intensiv.

Hier entsteht daraus ein Schultertuch in Rosettenköper.




Hier zum Vergleich auf Seide. Das obere Röllchen wurde mit dem alten Indigo nach dem gleichen Verfahren wie das untere gefärbt mit 5% Indigo und sogar noch mehrfach farbvertieft, d.h. mehrmals wieder nach der Entwicklung des Blaus ins Farbbad gegeben um den Farbton zu vertiefen.
Beim unteren Röllchen mit dem neuen Indigo hat ein Zug/Farbbad gereicht um den satten Blauton zu erhalten.