Freitag, 31. Januar 2014

Die Farben der Vergangenheit - Krapp 2


Zur allgemeinen Botanik, den Inhaltsstoffen und mehr möchte ich hier noch einige sehr informative Links zum Einstieg in die Pflanzenfarbe Krapp vorstellen:

http://www.seilnacht.com/Lexikon/Krapp.htm
http://de.wikipedia.org/wiki/F%C3%A4rberkrapp
http://www.dyeplants.de/faerberroete.html

Passend zum Jahr Karls des Großen gibt es hier auch einen Einblick in sein
Capitulare de villis, die Landgüterverordnung von 812 n. Ch.

http://www.biozac.de/biozac/capvil/Cvrubia.htm




In einigen der Links und in Büchern, aber auch in den Berichten erfahrener Färber wird über die unterschiedliche Qualität des Krapps gesprochen. Krapp bildet die farbgebenden Bestandteile wohl je nach Standort und Witterungsverlauf unterschiedlich aus, ebenso wie die anschließende Lagerung entscheidend ist bis zu vollständigen Entwicklung des Alizarins.

Ich habe nun aus eigener Erfahrung durchaus sehr unterschiedliche Ergebnisse in den letzten Jahren feststellen können. Dabei habe ich verschiedentlich mit verschiedenen Verfahren oder additiven Substanzen experimentiert wie zum Beispiel Weinsteinrahm in der Beize, Erhöhung des Krappanteils auf bis zu 200% der Wolle, feuchtes Lagern der gebeizten Wolle bis zu mehreren Wochen, Zugabe von Weizenkleie, Essig, Kreide, Pottasche, Erhöhung der Temperatur beim Färben, Temperatureinstellung auf max. 50° und einiges mehr, aber die Ausbeute blieb sehr unterschiedlich.
Vor allem beim meinem letzten Kauf von Krapppulver bei einer renommierten Firma brachte in mehreren Durchgängen unter verschiedenen Verfahren  enttäuschende Ergebnisse.

Das Pulver bildete nach dem Einweichen einen bräunlichen Schaum aus und auch das Garn nahm erstmal eine bräunliche Farbe an. Nach dem Trocknen und anschließendem Ausspülen lösten sich sehr viel Farbpartikel, obwohl dich das Pulver in einen Färbebeutel gegeben hatte. Die Farbe blieb auch nach etwa 20- 30 fachem Spülen bräunlich, so dass ich beim nächsten Durchgang peinlich auf Temperaturen nicht über 50° achtete und dem Spülwasser stark Essig zusetzte. Die Farbe war danach hellrot, aber nicht in der Intensität, die ich bei 180% Krapp erwartet hätte.                                                                                                

Oben mit 180 % Krappulver
gefärbt

Unten vor Jahren mit 150 % geschnittenem Krapp gefärbt











Da ich noch einen Rest geschnittenen Krapp übrig hatte, wollte ich jetzt einfach mal einen direkten Vergleich von geschnittenem Krapp von einem anderen Anbieter und meinem Krapppulver unter gleichen Bedingungen machen.
Links geschnittener Krapp - rechts gemahlener Krapp

Material: Seidengarn
Vorbeize: 20% Alaun
Menge 150% vom Garngewicht
Einweichzeit für beide Krapp: 12 Stunden über Nacht bei Zimmertemperatur
Färbedauer des Garns: 90 min bei 50°, keine weiteren Zusätze
Auswaschen: mit eine wenig Wollwaschmittel.
Ergebnis:

Oben Krapppulver








Unten geschnittener Krapp





Ich möchte hier noch einmal betonen, dass es natürlich auch mit Krapppulver hervorragende Färbungen geben kann und mit geschnittenem Krapp hatte ich auch schon schlechte Ergebnisse. Man muss immer damit rechnen, dass es keine standardisierte Farbe ist, sondern ein Naturprodukt, das sehr utnerschiedlich ausfallen kann.

Zum Schluss hier noch mein Krapptuch, das ich zum Einbinden der geschnittenen Krappwurzel benutze, damit die Krappteilchen nicht in die Wollstränge beim Färben geraten - nach ungefähr 30 Färbedurchgängen.
Man sieht, dass das Leinen die Farbe angenommen hat, allerdings es keinen brillianten klaren Farbton gibt.


Leinen - mehrfach krappgefärbt




Montag, 27. Januar 2014

Gestreifter Stoff aus dem Spätmittelalter

Ein Freund hatte mich gebeten einen Stoff nachzuweben.Der Originalfund stammt aus dem 14. Jhdt, London. Die Beschreibung weist einen "gesprenkelten" Stoff mit einer hellfarbigen Kette von 9 - 10 F/cm und einem naturschwarzen Schuss mit etwa 4 F/cm. Das Interessante sind Streifen, die paarig aus einem dünnen orangefarbenen Garn im stoff vorkommen.

Mittelalter ist nicht meine Baustelle und deshalb kam es mir, wenn ich so die Darstellungen verschiedener Gruppen, vor allem des Hochmittelalters anschaute, recht bunt, aber durchaus einfarbig vor. Deshalb erstaunte mich der Fund und ich begann ein wenig im Internet zu suchen. Im Englischen gab es ein paar Pinterest-Wände, die Bilder verlinkten, aber richtig fünig wirde ich in den Buchmalereien. Dabei erscheinen gestreifte Kleider eher selten, aber mit Ausnahme des FrühMis durch alle mittelalterlichen Perioden.

Hier ein paar Beispiele:




Quelle: http://digi.ub.uni-heidelberg.de/bpd/buchmalerei/bildergalerie/miniaturen/Recht/2_Pal.-germ.164.007v.jpg
Quelle http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpg848/0793




































Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:
Bauern_Sachsenspiegel.JPG?uselang=de

                                         











Für die Umsetzung wähle ich isländisches Garn (Einband) in naturbeige als Kette und Létt Lopi in naturschwarz als Schuss. Außerdem habe ich ein Einfachgarn mit Bartflechte orange gefärbt, was für die Streifen verwendet wird; es ist wie im Original deutlich dünner als die anderen Garne.

Durch den dicken Schuss geht die Arbeit recht schnell voran, aber es sind etliche Meter, die für eine SpäMi-Bekleidung gebraucht werden.


Samstag, 11. Januar 2014

Prachtmantel Nr. 2

Mit dem neuen Webstuhl ist es jetzt möglich breitere Stoff bis 150 cm zu weben. Deshalb plane ich einen zweiten Prachtmantel.

Auch dieser soll nur in Anlehnung an die Funde in Norddeutschland und Dänemark hergestellt werden, für eine exakte Rekonstruktion fehlt mir (noch) das entsprechende Garn.

Wenn man sich mit textilen Funden der Eisenzeit aus Norddeutschland beschäftigt, stößt man zuerst auf Karl Schlabow mit seinen Veröffentlichungen zu eisenzeitlichen Textilfunden.

Wenn man auf die Jahreszahlen der Veröffentlichung schaut und im Kopf behält, dass Schlabow von der Zeit zwischen 1933 und 1945 geprägt war und kein Archäologe, sondern erstmal Kunstmaler war, erkennt man, dass die gegebenen Informationen in diesen Werken vorsichtig zu verwerten sind.
Inzwischen gibt es auch modernere Untersuchungen, z. Bsp. in
War and Worship (siehe Literaturliste) die den Thorsbergmantel in den Kontext weiterer Funde stellt.

Exkurs:
Die Definition des "Prachtmantels" bei Wikipedia (die sich im übrigen nur auf die Veröffentlichungen Schlabows stützen, siehe Literaturliste ebenda) enthält einige Ungereimtheiten und sollte dringend einmal überarbeitet werden. So ist die Beschränkung auf den germanischen Bereich meiner Meinung nach auszuweiten. Zumindestens in Hochdorf (1) sind zwei Prachttücher mit mindestens einer angewebten Brettchenborte gefunden worden und wenn man von der Festlegung auf die 'rechteckige' Form absieht, zählen auch die Mäntel aus dem etruskischen Grab von Verrucchio (2) dazu neben anderen Funden.
Nicht alle Prachtmäntel sind spinnrichtungsgemustert: "Durch die gezielte Verwendung von rechts- oder linksgezwirnten Webfäden wird außerdem ein zusätzlicher optischer Effekt auf der Stoffoberfläche erzielt." Zitat Wikipedia. So bestehen die Mäntel von Gronowo, Pommern oder die aus Rendswühren, Dätgen, Vaalermoor und einige mehr (3) ausschließlich aus Fäden mit einer Spinnrichtung, meist z/z.
Ebenso sollte die Aussage "Die Borten werden meist in unterschiedlichen Breiten während des Webvorgangs am Gewichtswebstuhl eingewebt...." Zitat Wikipedia eher kritisch betrachtet werden. Wie Möller-Wiering (4) aufgezeigt hat, sind doch etliche Brettchenborten nachträglich angewebt worden.

Nachdem also der theoretische Hintergrund geklärt ist, geht es an die praktische Umsetzung.
Die Vorbilder in den Funden waren zum großen Teil gefärbt und auch mit Hilfe unterschiedlicher Farben gemustert wie zum Beispiel beim Mantel aus Thorsberg.
"Das Grundgewebe dieses Prachtmantels ist
kariert. Für die etwas helleren, bläulich-braunen Fäden in Kette und
Schuss ist Blau durch Färberwaid belegt, während die dunkleren,
aber gleichfalls bläulich-braun wirkenden Streifen beider Garnsys-
teme mithilfe von Waid und Färberginster grün gefärbt wurden." (5)

Die Farben für meine Ausführung liegen schon fest ebenso wie die Farbverteilung. Zur indigoblauen Kette wird es einen waugelben Schuss geben, die Fläche wird dabei noch durch drei krapprote Streifen unterteilt.
Das Garn für den Prachtmantel muss berechnet und gefärbt werden. Ich entschließe mich für ein Wollgarn mit einer Lauflänge von 800 m pro 100 g, das ergibt eine Fadendichte von 10 Fäden pro cm in Kette und Schuss. Die benötigte Menge wird auf Stränge gehaspelt, gebeizt und gefärbt. 
 
Indigoblau, rechts unten eine Jungpflanze Färberresede/Wau














































 





 Es sind noch einige Vorarbeiten nötig, bis das Garn auf dem Webstuhl ist und angewebt werden kann.












Danach werden die Borten angewebt.
  




 Nach der abschließenden Fertigstellung sieht er dann so aus:

Die Farbflächen blau-gelb und blau-rot lassen den Eindruck von Mischfarben entstehen, und bei einem schnellen Blick erscheint es doch erstaunlich, dass die Fäden in den Borten die gleichen wie im Mantel selbst sind.

(1) Banck-Burgess, S. 84
(2) Gleba, S. 73
(3) Möller-Wiering, S.118
(4) Möller-Wiering/Knudsen S. 163-165
(5) Möller-Wiering/VandenBerge NESAT abstracts 




Grundlegende Literatur: 

Banck-Burgess, Johanna: Hochdorf IV Stuttgart, 1999
Gleba, Margarita: Textile production in Proto-Historic Italy, 
                         In C. Gillis and M L. Nosch (eds.): Ancient Textile,   
                         Production, Crafts and Society, Oxford, 2007
Möller-Wiering, Susan: War and worship, Oxford 2011
Möller-Wiering/Knudsen in: NESAT XI, Hrsg. Banck-Burgess/Nübold, Rahden  
                                      2013



Schlabow, Karl: Textilfunde der Eisenzeit, Neumünster 1976
Schlabow, Karl: Der Thorsberger Prachtmantel, Neumünster 1952
Schlabow, Karl: Der Prachtmantel 2 aus dem Vehnemoor, Neumünster 1952
(zu diesem Bändchen gibt es eine Onlineveröffentlichung, falls da mal jemand reinschauen möchte: Prachtmantel Vehnemoor)


             

Freitag, 3. Januar 2014

NESAT XI - ein Überblick

Schon vor Weihnachten hat mir mein lieber Mann mal wieder ein Buch besorgt, auf das ich sehnsüchtig schon seit 2011 gewartet habe: die Dokumentation des 11. NESAT-Symposiums 2011 in Esslingen.
Nun halte ich das Werk endlich in Händen und muss leider sagen, dass so rechte Begeisterung nicht aufkommen mag. Es geht im folgenden dabei NUR um meinen Anspruch an eine solche Veröffentlichung bzw. um meine Erwartungshaltung an eine solche.
Als Textilmotte im historischen Textilbereich bin ich ja überwiegend an einzelne Artikel in umfangreicheren Fundkatalogen angewiesen, nur selten findet sich, gemessen an der Menge der Gesamtpublikationen, einmal ein Bericht ausschließlich über Textilien. Es gibt sie natürlich und seit den letzten Jahren mit der Aufwertung der Textilarchäologie auch inzwischen häufiger. Es ist aber immer noch ein Puzzlespiel, an zusammenhängende Veröffentlichungen zu kommen. Darum erwarte ich um so gespannter die NESAT-Veröffentlichungen, die sich ja ausschließlich mit Textilien, auch neuerer  Funde bzw. neuen Erkenntnissen beschäftigen. Vor diesem Hintergrund möge man also meine Bücherbesprechung hier sehen.

Aber erstmal die Basis:

NESAT XI - The North European Symposium for Archeological Textiles
Hrsg. Johanna Banck-Burgess und Carla Nübold
Rahden, 2013


Das Buch enthält 5 Kapitel, von denen sich  zwei allein auf den wissenschaftlichen Aspekt der Textilarchäologie konzentrieren, sowie eine CD mit den vorgestellten Postern, die man aber auch hier finden kann.
Das Kapitel 1, Methodische Grundlagen: Geistes- und Naturwissenschaften behandeln allgemein den Umgang mit Sekundärbefunden, sowie allgemeine Artikel zu  Farbstoff- bzw. Faseranalyse.
Die einzelnen Artikel sind sehr fachwissenschaftlich mit vielen Tabellen, Auflistungen, einigen Fotos als auch Mikrofotos und als solche weniger interessant für mich. Natürlich ist es nett zu lesen, wie unterschiedlich Leinen- bzw Seidenstoff sich drapieren lassen, um Rückschlüsse auf die Darstellung auf einem Kalksteinsarkophag zu ziehen, allerdings gibt es dazu weiter keine Hintergrundinfo. Oder aber auch, dass man mit Hilfe des Farbspectrometers ähnlich aussehende Pflanzenfarben an antiken Textilien bestimmen kann. Die interessanteste Information habe ich dem Artikel: Textile Faseranalytik entnommen. Dort wird nachgewiesen, dass man am Klang eines gespannten Fadens die Güte des verwendeten Leinens unterscheiden kann!

Im Kapitel 2  - es trägt den Titel:  Interdisziplinäre Projekte - fand ich persönlich das Projekt zum Gunnister Mannes am spannendsten. Dort wird die Rekonstruktion der  Kleidung eines Mannes aus dem späten 17. Jhdt beschrieben, die recht gut erhaltenen Originale wurden auf den Shetlands 1951 beim Torfstechen gefunden. DEes weiteren interessiert mich natürlich auch die Analyse der Farbstoffe in den Thorsbergmänteln.

Die folgenden 42 Seiten des 3. Kapitels: Naturwissenschaftliche Untersuchungen überfliege ich schnell, zu speziell und anstrengend zu lesen beim ersten Erfassen des Inhalts.

Kapitel 4: Fundvorlagen enthält die genaueren Beschreibungen von textilen Funden, eigentlich das, worauf ich gewartet hatte. Da geht es dann über den Fund von Hammerum , der Seide vom Oseberg-Schiff, einen Moorfund aus dem 7. Jhdt. in Irland und weitere bis hin zum Gewebe in einem wohlhabenden Haus des 17.-18. Jhdts. Insgesamt werden 12 Funde mehr oder weniger eingehend vorgestellt.

Im Kapitel 5: Textilproduktion stellt dann verschiedene Werkzeuge bzw. Verarbeitungswege vor, wobei der Artikel zum Hanf lediglich eine Auflistung schriftlicher Quelle im Talmud u.a. ist.


Insgesamt habe ich mir mehr neue Funde versprochen, aber wahrscheinlich sind die archäologischen Felder in dieser Beziehung halt weniger ergiebig - auf den Fund einer SpätLatenePrinzessin in kompletter, möglichst gut erhaltener Bekleidung mit vielen Beigabe-Textilien, den ich von unserem Archäologen Michael Koch eingefordert habe ;-), warte ich immer noch!