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Bis zur industriellen Revolution war
die Textilproduktion das arbeits- und zeitintensivste aller
Handwerke, und ihre kulturelle, soziale und wirtschaftliche Bedeutung
ist kaum zu überschätzen. Ebenso gross wie das Bedürfnis nach
einer schützenden Hülle war der Wunsch nach Farbe und
Verschönerung. Farbe und Färbung eines Textils waren, neben dem
verwendeten Material (Wolle, Seide, Flachs etc) und der Qualität der
Herstellung (Feinheit des Garns, Webmuster) entscheidende
Qualitätsmerkmale, die u.a. Auskunft über den sozialen Stand des
Trägers gaben. In der Antike wurden Textilien systematisch gefärbt,
die Minoer beispielsweise erzielten mit Krapp, Safran und Waid die
Farben rot, gelb und blau. Die am meisten geschätzte Farbe jedoch,
und dementsprechend teuer, war Purpur, der noch heute untrennbar mit
der Vorstellung von Luxus und Status verbunden ist. Genauer gesagt
handelt es sich um Tyrischen Purpur, der hauptsächlich aus der
Farbdrüse der Schneckenart Murex trunculus gewonnen wurde,
die im Mittelmeerraum heimisch ist. Der Chemiker Paul
Friedländer identifizierte 1909 erstmals 6,6'-Dibromindigo als den
farbgebenden Stoff, und etwa zur selben Zeit gelang die synthetische
Herstellung von Purpur. Heute ist echter Purpur der teuerste
Farbstoff überhaupt, der Handelspreis für ein Gramm liegt z.Z. bei
fast 2.500 €.
Auf meiner Suche nach Farbstoffen, mit
denen man blau oder violett färben kann, fand ich zunächst heraus,
dass es hier in Island keine solchen Pflanzen gibt, wohl aber
Flechten, mit denen sich Farben im blau-rot-violetten Spektrum färben
lassen (Ochrolechia parella und Xanthoria parietina).
Das ergab schöne Farben, die leider aber nicht lichtecht sind. Dann
bekam ich aus Amerika Rock tripe oder Umbilicaria geschenkt,
was eine intensivere violette Färbung ergab. Ein befreundeter
Seemann brachte mir von den Cap Verden Rocella tinctoria mit,
die zwar vermutlich auch nicht ganz lichtecht ist, aber die Farbe war
einfach umwerfend. Strahlend-intensiv violett. Als ich dann in meinem
Lateinstudium die Beschreibungen der Purpurfärberei von Plinius und
anderen antiken Autoren las, entschloss ich mich, mich ein wenig mit
der Purpurfärberei zu beschäftigen.
cc by Hans Hillewaert |
Der früheste Nachweis für
Purpurfärberei mit Schnecken stammt aus der Bronzezeit im
Mittelmeerraum, etwa zu Beginn des 2. Jahrtausends v.Chr. In einem
Grab in Qatna in Syrien fanden sich ausserordentlich fein gesponnene
und gewebte Textilreste (16x70-80 Fäden/cm2), die mit
Hexaplex trunculus purpurn gefärbt waren. Derart feine
Weberei erfordert ausserordentlich fein gesponnenes Garn mit einem
Durchmesser von weniger als 0,1 mm und sie gehörte daher sicher
einer hochgestellten Persönlichkeit. Mich hat besonders die hohe
Qualität erstaunt, die eine lange, bislang verborgene, Vorgeschichte
der Purpurfärberei erahnen lässt. Ausserdem zeugt dieser Fund von
einer Eigenschaft des Purpurs, die noch heute der Traum jedes Färbers
ist: Purpur ist extrem haltbar, also lichtecht, waschecht und
reibecht! Abgesehen von diesem frühesten Nachweis wird die
Purpurfärberei allgemein den Minoern zugeschrieben, bei denen sie
eine wichtige Rolle in der Palastökonomie spielte.
Die wahren Meister jedoch waren die
Phönizier, die Purpurstoffe in legendärer Qualität herstellten,
u.a. den sog. Tyrischen Purpur, der mit zwei Schneckenarten
doppeltgefärbt wurde (dibapha), und Amethyst, eine
blau-violette Nuance. Das Nonplusultra waren purpurgefärbte
Seidenstoffe, die mit Gold aufgewogen wurden. Plinius der Ältere
beschrieb den Färbevorgang in seiner Naturgeschichte Naturalis
Historia (9,61ff), aber seine Beobachtungen waren fehlerhaft oder
unvollständig. Nach seinen Angaben erhält man jedenfalls kein
Purpur. Erst moderne Experimente von Wissenschaftlern und Künstlern
vermochten den Hergang zu rekonstrieren. Besonders möchte ich hier
Fabienne Meiers, Deborah Ruscillo und Inge Boesken Kanold nennen.
Während des Römischen Reiches wurde
Tyrischer Purpur das Monopol der Kaiser und Missbrauch wurde streng
geahndet. Einerseits führte dies zu risikofreudigem Übertreten des
Verbots (herrlich geschildert in der Satire Satyricon von
Petronius!), andererseits zu Edikten oder Kleiderordnungen
(beispielsweise Diokletians Edikt über Maximaltarife), wie wir sie
aus dem Mittelalter in Europa kennen. Billigere Purpurfärbungen
waren allerdings erlaubt, ebenso purpurähnliche Färbungen mit
Flechten oder anderen Pflanzen.
Im Zuge der islamischen Expansion im 7.
Jhd. kam die Purpurfärberei in der Levante zum Erliegen.
Purpurfärber, die von dort in byzantinisches Gebiet zogen, führten
die Jahrtausende alte Tradition fort, bis sie durch die Eroberung
durch die Türken im Jahr 1453 endgültig zum Erliegen kam. Schon im
folgenden Jahr heisst es in einem päpstlichen Erlass, dass die
Gewänder der Kardinäle, die bisher mit Purpurschnecken gefärbt
waren, fortan mit Kermes zu färben seien, was den Niedergang der
Purpurfärberei indirekt bestätigt.
Die Farbe Purpur hat nicht nur Menschen
im Mittelmeerraum fasziniert. Die Schnecke Nucella lapillus,
die an der europäischen Atlantikküste lebt, ergibt ebenfalls eine
sehr beständige purpurne Farbe. In Inishkea North, Co. Mayo in
Irland wurden die archäologischen Reste einer Purpurfärberei
ergraben, in der Pigmente zum Illuminieren von Manuskripten
hergestellt wurden. Von der Qualität des Purpurs aus dieser
Schneckenart schwärmte der angelsächsische Mönch und
Geschichtsschreiber Beda Venerabilis: „[Die Schnecken ergeben] eine
scharlachfarbene Farbe von grosser Schönheit. Sie bleicht weder in
der Hitze der Sonne noch im Regen aus, sondern wird umso schöner, je
älter sie ist.“
Verfasserin: Marianne Guckelsberger, Reykjavík ,IslandBilder hinzugefügt von mir
Rot - Cochenille
Super interessant, ich freu mich schon auf weitere Berichte zu den Färbereien :) LG, Morgan
AntwortenLöschenToller Artikel !!!!
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