Angeregt durch Diskussionen mit diversen Darstellern, Interessierten und Archäologen möchte ich hier einen kleinen Überblick geben über die Pflanzenfarben der Vergangenheit. Die folgenden Erläuterungen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und können durch neueste Erkenntnisse auch schon morgen überholt sein. Trotzdem finde ich allein schon für den häuslichen Gebrauch hier so eine Zusammenfassung nützlich.
Die Grundlage für die jeweilige Pflanzenfarben mit ihren Inhaltsstoffen ist der Schweppe: Handbuch der Naturfarbstoffe, 1993, Landsberg, sowie weitere Pflanzenfarbbücher und Recherchen im Internet; Grundlage für ihre Evidenz in der Vergangenheit sind verschiedene Fundberichte wie auch textilarchäologische Untersuchungen verschiedener Autoren.
Beginnen möchte ich mit dem Farbstoff Rot!
Der wichtigste Vertreter für rote Farben im Bereich der textilen Rekonstruktion ist der Krapp/Rubia tinctoria, der Farbstoff ist hauptsächlich Alizarin sowie Pseudopurpurin, Purpurin und weitere Farbstoffe aus dem Bereich der Anthrachinonfarbstoffe.
Er wird heute fast überall verwendet, wo es gilt, textile Stoffe, Garne oder Rohwolle rot zu färben für die Verwendung in historischen Textilien. Aber ist es so selbstverständlich, dafür Krapp zu nehmen?
Es erstaunt vielleicht den ein oder anderen, dass rot gefärbte Textilien schon aus der Bronzezeit nachgewiesen werden konnten, der Hauptteil nachgewiesener Textilfarben aber aus der Eisenzeit stammt. In einer Auflistung von Hofmann-de Kejzer/Grömer (Hallstatttextilien) findet sich erstmal allerdings kein Nachweis von Krapp, sondern eher von verwandten Vertretern aus der Familie der Rötegewächse (sic!) wie das Echte Labkraut/Galium verum,
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Echtes Labkraut/Galium verum |
Kletten-Labkraut/
Galium aparine, Waldmeister/Galium odoratum und weiteren für den mitteleuropäischen Raum . Sie enthalten ebenfalls die o.a. Farbstoffe, allerdings in geringerer Konzentration und es fehlen bestimmte andere, so dass eine Unterscheidung zu den Färbungen mit Krapp gemacht werden kann.
Krapp taucht nachgewiesen in späteren Fundlagen auf, z. B. im Dürrnberg und in eisenzeitlichen Funden aus Norwegen.
Die Verbreitung des Krapp fand wahrscheinlich in der mittleren Eisenzeit vom Orient aus statt, in geschichtlichen Quellen wird Krapp von Strabo, Plinius, Dioskurides und im Talmud beschrieben.
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Färbermeister/Asperula tinctoria - in Mitteleuropa heimisch |
Eine Besonderheit in der Familie der Rötegewächse ist der Färbermeister. Er enthält nur wenig Alizarin, dafür mehr Purpurin und Pseudopurpurin.
"So konnte auf Textilien von zwei dänischen Grabfunden aus der Zeit der Völkerwanderung nachgewiesen werden, dass es sich zwar bei den Rottönen um Färbungen mit Farbstoffen vom Krapptyp handelt. Da aber nur Pseudopurpurin und Purpurin, aber kein Alizarin gefunden wurde, ließ sich Krapp als Farbstoff ausschließen" (Schweppe, S. 238, leider ohne Fundangabe).
Persönliche Gedanken:
Eine Krappfärbung wird in der Szene immer 'minderwertiger' als eine Indigo/Waidfärbung gesehen, weil der Aufwand der Färbung bei Krapp geringer ist als bei der aufwändigeren Küpenfärbung und gern für die mittleren/unteren Stände empfohlen.
Ich kann mich diesem Gedanken nicht mehr anschließen. Sicherlich ist die Waiddfärbung etwas aufwändiger, aber die Kultur des Waid ist gerade in unseren mitteleuropäischen Breiten ungleich leichter als die des Krapp. Krapp braucht einen gut humosen, lockeren Boden, Wärme und hat einen dreijährigen Entwicklungszeitraum, bis die Wurzel erntereif ist. Weitere zwei bis drei Jahre sollten die Wurzeln gelagert werden, damit sich der Farbstoff entwickeln kann.
Ich gehe davon aus, dass Krapp aus wärmeren Klimaten (Mittelmeerländer) importiert werden musste, wo er auf großen Flächen angebaut werden konnte. Ich halte es deshalb für wahrscheinlich, dass Krapp einen höheren Gegenwert als Waid darstellte, zumindestens im vorgeschichtlichen Zeitraum und dass in dieser Zeit, aber wahrscheinlich auch später mehr auf heimische Labkrautarten zurückgegriffen wurde.
Wird fortgesetzt