Bei den nachgewebten Textilien aus der Vergangenheit muss ich häufig auch auf industriell gewebte Garne zurückgreifen. Leider ist es nur selten möglich auf handgesponnenes Garn, wenn möglich auch noch von der passenden Schafrasse zurückzugreifen. Eine Möglichkeit ist die besagte Kleinspinnerei, die mir zumindestens mal im bescheidenen Rahmen Garne nach meiner Vorstellung spinnen kann.
Wenn man aber, wie ich im Moment für ein ganz bestimmtes Projekt ein ganz bestimmtes Garn sucht, könnte man schier verzweifeln.
Das Garn muss bestimmte Eigenschaften haben um sich als Kettgarn zu eignen, deshalb bevorzuge ich stets Kammgarn gegenüber von Streichgarn. Wie aus den Beschreibungen ersichtlich, stehen beim Streichgarn noch viele Fasern ab. Die haben beim Weben dann die Neigung sich miteinander zu verhaken, was dann später zum Reißen des Garns führt. Außerdem ist Streichgarn oft weniger stark gedreht und halt daher den Belastungen als Kettgarn nicht so gut stand.
Die Misere bei der Kammgarnsuche erkennt man, wenn man Kammgarn bei Google eingibt. Auf der ersten Seite findet man nur Ergebnisse zu ehemaligen Kammgarnspinnereien, die inzwischen zu Eventstätten oder Restaurants umgebaut sind. Die Garnproduktion wurde in den letzten
Jahren aus Kostengründen auch von der renommierten Firmen ins Ausland
verlegt, vor allem nach China. Bei den verbleibenden Anbietern erfährt man oft, dass nur Mindestmengen ab 50 kg abgegeben werden. Da ich aber sehr viele unterschiedliche Projekte habe, würden sich meine Lager sehr schnell mit nicht benötigtem Garn füllen, denn bei vielen Projekten muss ich ganz unterschiedliche Garne verwenden.
Leider gibt es die früheren Kleinmengenanbieter nicht mehr oder sie haben ihr Sortiment umgestellt, denn auch für sie wird es immer schwieriger an die entsprechenden Garn zu kommen. Als Notlösung kaufe ich schon mal bei ebay, wo die Restbestände italienischer Stoffhersteller vertickert werden. Aber das ist keine zuverlässige Quelle, und so vergehen allein mit der Suche nach einem passenden Garn viele Stunden.
Um zu verdeutlichen, wie unterschiedlich die benötigten Garne sein können, gibt es hier mal einen Vergleich zwischen verschiedenen Funden
Nr. |
Fundort |
Zeit |
Bindung |
FZ
|
Garn |
1 |
Bümpliz-Morgenstr,
Schweiz |
LT-C |
LW |
4/4 |
n.b. |
2 |
Solduno, Schweiz |
LT-D |
LW |
10/10 |
n.b |
3
|
Solothurn,
Schweiz |
HaD |
K2/2 |
12/12 |
Sz/Sz |
4
|
Münsingen,
Schweiz |
LT-A/B |
K1/2 |
8/8 |
Sz/z |
5 |
Fallward, NS |
4. Jhdt |
K2/2 Diamant |
12/16 |
Z/Z |
6
|
Trier, Rhld.-Pf |
4. Jhdt. |
LW |
43/38 |
S/S |
7 |
Herjolfsnes,
Grönland |
14. Jhdt |
K2/1 |
5/9 |
Z/S |
Die Quellen werden auf Anfrage gern mitgeteilt.
Abkürzungen:
Zeit
HaD:
Hallstatt D ~ 650 – 500 v. Ch.
LT:
Latene A ~ 450 – 380 v. Ch., B ~ 380 – 250 v. Ch., C ~ 250 –
150 v. Ch., D ~
150 – Zeitenwende
Bindung
LW
– Leinwandbindung, K2/2 – gleichseitiger Köper, K2/1
ungleichseitiger Köper
FZ
Fadenzahl
pro cm
Garn
Spinnrichtung
– s oder z, Zwirnung Sz - s-gesponnen, z-gezwirnt
Hier ist jetzt eine Auswahl der Garne die mir für die o.a. Rekos zur Verfügung stehen würden.
Die unten abgebildeten Garne sind zum großen Teil Industriegarne, bei Nr. 5 das helle aus der kleinen Wollspinnerei, und das dunkle ebenfalls bei 5 handgesponnen.
Außer bei 5 kann ich die Drehung der Garne nicht wählen, die allermeisten Industriegarne sind s-gesponnen und im Falle einer Zwirnung z- gezwirnt.