Sonntag, 31. Mai 2015

Spinnrichtungsmuster - 1. Planung

Nachdem es hier lange ruhig war, möchte ich in den nächsten Tagen doch mal wieder einen Herstellungsprozess dokumentieren.

 

Es geht um einen Stoff für eine Tunika in Anlehnung an einen Fund aus der Eisenzeit.

Bildzitat nach http://dejure.org/gesetze/UrhG/51.html
aus Grömer u.a., Textiles from Hallstatt, Budapest 2013


Der Fund ist aus den Bergwerken bei Hallstatt und zeigt jetzt noch nach über 2500 Jahren deutlich den Effekt einer Spinnrichtungsmusterung:














Ausgehend von den Kundenwünschen soll die Reproduktion dieses Stoffes dicht am Original, aber keine exakte Kopie sein.
Die Idee zur Umsetzung sieht so aus:
Bindung: Köper  mit einem Rand in Rips - in der Fundlage vielfach nachgewiesen
Garn: Einfachgarn in z- und s-Drehung,   Spinnrichtungswechsel der Fäden alle 2 cm
Fadendichte:  etwa 12 - 15 F/cm in Kette und Schuss  - der o.a. Fund allerdings gehört mit 30 Fäden/cm in der Kette und 20 F/cm im Schuss zu den extrem feinen Geweben, der Durchschnitt liegt bei etwa 10 - 15 Fäden beim Köper (siehe Textiles from Hallstatt S. 64)
Farbe: blau - Indigotin als Farbstoff ist in mehreren Funden nachgewiesen (siehe Textiles from Hallstatt, S. 142 ff)


Soweit die Planung - die Umsetzung sieht dann folgendermaßen aus.

Der erste Schritt ist die Auswahl eines geeigneten Garns. Ein industriell hergestelltes Garn kommt nicht in Frage, da es nur äußerst selten ein Garn in zwei Spinnrichtungen gibt. Ich werde also zu einem Garn greifen, dass ich vor zwei Jahren aus hiesiger Schafwolle vom Jacobschaf in einer Spinnerei extra habe anfertigen lassen und das bis jetzt noch nie erprobt wurde. Für die Garnproduktion habe ich eine Dicke gewählte, die eine Fadendichte von 12 - 15 Fäden abdecken kann. Ebenso habe ich zwei Spinnrichtungen sowie zwei Drehstärken, im folgenden Twist genannt, angegeben.


Das Garn ist ein wenig unregelmäßig und kommt damit handgesponnenem Garn sehr ähnlich.
Z = z-gesponnen
S = s-gesponnen
st = starker Twist, hier etwa 5 bis 6 Drehungen des Garns auf 1 cm
lt = leichter Twist, hier etwa 3 bis 4 Drehungen des Garns auf 1 cm.

Ich habe noch nicht mit dem Garn gearbeitet, deshalb ist eine erneute Prüfung der Dichte per cm = dpc nötig (wird normalerweise unter den Webern mit Wraps per inch = wpi engegeben, aber da ich fast ausschließlich mit dem metrischen System arbeite, messe ich natürlich in cm).
Die Messung ergibt 17-18 Fäden, da beim Weben aber zwischen den Fäden noch Platz sein muss, gehe ich runter auf 14 F/cm.

Exkurs:
Als nächster Schritt wird gefärbt und da passiert mir ein Fehler, der eigentlich nicht passieren sollte, mit dem ich dann aber leben muss. 
Beim Färben mit Indigo muss man in der Küpe den Sauerstoff  reduzieren und die Küpe basisch einstellen - warum, weshalb führt hier allerdings zu weit. Nun gut, es gibt ein wunderbares Rezept, das ganz einfach mit handelsüblichem Entfärber funktioniert. Nach dem habe ich gearbeitet, dabei aber, weils schnell gehen musste, nicht darauf geachtet, dass der Entfärber komplett in Wasser gelöst war. Das Garn hat so stellenweise auf dem nicht gelösten Entfärber gelegen und kam dabei zu sehr mit dem Soda im Entfärber in Berührung. Folge: die Wollstruktur wird von der Base stark angegriffen und stellenweise zerstört. Die Faser wird gummiartig und löst sich dann ganz auf. Ich merkte es, nachdem ich die Stränge nach dem Färben wickeln wollte, der Faden riss - ständig und an immer den selben Stellen. Ich durfte vier Stränge komplett entsorgen :-(

An den weißen Stellen im Garn ist die Faserstruktur zerstört, dort reißt es, sobald es dem kleinsten Zug ausgesetzt ist.
Außerdem sieht man hier sehr gut, dass das Garn etwas überdreht ist, es kräuselt sich.
In der Spinnerei wird der Drall mit Dampf fixiert, aber bei der Berührung mit Wasser, hier beim Färben, kehrt er zu Teil zurück. Nach dem Weben muss der Stoff wahrscheinlich noch mal gestreckt werden, damit der Drall wieder weiter reduziert wird.



Wird fortgesetzt.