Montag, 20. April 2015

Frühmittelalterliche Bindungen - Rippenköper

Vor 10 Tagen waren wir zum ersten Mal in Lauresham in Lorsch. Dort ist eine wunderbare Anlage entstanden, mit sehr viel Fachwissen ausgeführt und hervorragend informativ gestaltet.
Es gibt dort auch ein Webhaus und der Besuch dort war mir Grund, mich noch einmal mit den Stoffen des Frühen Mittelalters zu bneschäftigen, hier besonders mit den Rippenköpern.


Die Rippenköper sind eine Besonderheit der Übergangszeit von Antike zum Frühmittelalter und vor allem in der Südhälfte Deutschlands gefunden. Sie tauchen nur zu dieser Zeit auf und verschwinden dann wieder - eine zeitlich auf ein, zwei Jahrhunderte begrenzte Mode.
Rippenköper sind eine Vorstufe zu den zusammengesetzten Bindung, da sie aus kettbetonten und schussbetonten Partien zusammengesetzt sind. Für die Herstellung am Gewichtswebstuhl sind nur 2 Schäfte plus dem natürlichen Fach notwendig, auf dem Trittwebstuhl werden drei Schäfte benötigt.
Beim rippenköper wechselt immer eine Rippe kettsichtigem, 2-1 Köper mit einer Rippe schussichtigem1-2 Köper ab, wodurch im fertigen Stoff eine leicht dreidimensionale Struktur entsteht. der Köpergrat wechselt dabei die Richtung.
So sind viele Rippenköper gewebt, allerdings gibt es auch z. Bsp. in Niederstotzingen einen Fund, wo die Rippen mit einer Rautenstruktur zusammengesetzt wurde. (Hundt: Die Textilreste in: Paulsen: alemannsiche Adelsgräber in Niederstotzingen, Stuttgart, 1967).
Die Bindung ist so interessant, dass ich sie schon zweimal übernommen hatte, allerdings ist die Feinheit bei den Originalfunden ungleich höher.




Bei meinem neuesten Versuch mit Einfachgarn ind Färberresede und Färberresede/Eisen sowie Krapp für die Rautenstreifen habe ich 10 F/cm veranschlagt, die Originale liegen mit durchweg mehr als 20 Fäden pro cm im sehr feinen Bereich. Wenn ich einmal ein geeignetes Einfachgarn bekomme, werde ich es auch einmal in dieser Feinheit probieren.


Mittwoch, 15. April 2015

Kleine Handreichung für den Reenactor 2. Teil

Heute: Garne zum Brettchenweben

Vorweg: Ich bin keine Brettchenweberin. Ich beherrsche die Grundlagen, kann auch ein Doubleface, aber das wars dann schon. Ich bewundere alle die, die sich 1. stundenlang hinsetzen und ein Muster auskniffeln, so dass es webbar wird, sei es nach einer historischen Vorlage, sein es nach freiem Entwurf und 2. dann Stunde um Stunde zentimeterweise ihr Projekt abweben. Denen und auch den anfängern, die sich in die wunderbare Welt der Brettchen begeben, sei dieser Artikel gewidmet.



Die meisten, die sich mit erlebbarer Geschichte beschäftigen, sind schon einmal über das Brettchenweben gestolpert. Ich will hier keine Einführung geben, sondern verweise für die kurz Übersicht auf WIKIPEDIA, und für die, die mehr wissen wollen, auf die wunderbare und sehr korrekte Seite von AISLING, jedem nur ans Herz zu legen.

Inzwischen gibt es auch bei Facebook und in diversen Foren Abteilungen fürs Brettchenweben und dort werden auch die Werke von Könnern, Fortgeschrittenen und Anfängern vorgestellt. Bei Ebay und Dawanda gibt es Brettchenborten zum Kauf und manch eine verdient mit den schönen Borten inzwischen ihr/sein Geld.
Was mich da immer wundert, dass sowohl bei Laien wie aber auch Professionellen oft mit Akribie eine Borte aus einem bestimmten Zeitraum exakt nachgewebt wird, oft allerdings mit Garn, bei dem weder Dicke noch Faser stimmt. Ich persönliche finde das schade, und deshalb möchte ich hier etwas näher darauf eingehen.
Zwirn
Mehrfachzwirn wurde nicht verwendet
Historische Funde von Brettchenborten zeigen immer (?, subjektive Erfahrung beim Durchstöbern verschiedener Fundberichte und Aussagen von versierten Brettchenwebern) ein gezwirntes Garn, im Gegensatz zu den Stoffen, die meist aus Einfachgarnen bestanden. Zwirn bedeutet hier ein Garn aus zwei Einzelfäden gegenläufig zur ursprünglichen Spinnrichtung zusammengedreht.


Bei historischen Funden wird oft ein sehr feines Garn verwendet, eine bekannte Borte aus Hallstatt hatte z. Bsp. 64 Fäden auf 1,3 cm, das sind 16 Brettchen (1), beim Ärmeltuch des Bischofs von Augsburg sind es 134 Brettchen auf 6,5 cm (2), auch bei der wunderbar broschierten Birkaborte Nr. B2 aus Grab 735 finden sich 36 Brettchen auf einer Breite von 1,7 cm.

Die gefundenen Garne waren aus Wolle oder Seide, Leinen konnte nur selten in Brettchengeweben nachgewiesen werden. Das liegt vielleicht auch daran, dass Leinen schlecht mit Pflanzenfarben zu färben war im Gegensatz zu den tierischen Fasern.
Natürlich macht auch ein Band aus Sockenwolle mit Polyanteil was her und für eine moderne Verwendung wäscht sich Baumwolle einfach besser, aber ich persönlich finde schon, dass ein optischer Unterschied zwischen den Materialien besteht.
Industriell gefäbtes Garn kann übrigens manchmal von Vorteil sein, da es gegenüber manchen Pflanzenfarben lichtechter ist.

Allerdings höre ich immer wieder dass es schwierig ist, entsprechendes Garn zum Brettchenweben zu bekommen.
Deshalb gibt es bei uns ja inzwischen pflanzengefärbtes Woll- und Seidengarn in verschiedenen Stärken.
Hier sind die Garne einmal nebeneinander dargestellt, damit man sich eine Vorstellung über die unterschiedliche Breite des jeweiligen Garns machen kann.