Freitag, 20. September 2013

Textilien aus Hallstatt - Nachtrag

Auch nach einem tieferen Blick hält meine Begeisterung unvermindert an. Die Aufnahmen der Textilien sind einfach unglaublich, bei vielen Stoffen kann man immer noch das Spinnrichtungsmuster erkennen. Auch die bisher nicht oder nur nebenbei veröffentlichten Bänder sind höchst interessant. So finden sich neben den bekannten Brettchen-Webmustern
Quelle: wikipedia By Andreas W. Rausch - Prähistorische Abteilung des Naturhistorischen Museums Wien

auch eins mit einfachem Streifenmuster oder einige Litzenstabbänder mit Schachbrettmuster. Und es gibt sogar ein Textil mit eingewebten Wollflocken wie der frühmittelalterliche Röggvarfeldur, den ich hier auf diesem Blog früher dokumentiert habe.
Außerdem gibt es Hinweise, dass die Farbe Rot wohl deutlich weniger vertreten war als Blau, noch ein Steinchen, das meine These vom vorletzten Beitrag hier unterstützt, zumindestens für die frühe Eisenzeit.

Mittwoch, 18. September 2013

Textilien aus Hallstatt

Aus der Eisenzeit sind ja relativ wenige Textilien im Fundgut, und wenn, sind sie auch recht schlecht publiziert. Eine der wenigen Ausnahmen ist Hallstatt, wo sich Textilien unter besonderen Umständen relativ gut erhalten konnten - sie lagen unter konservierenden Salschichten im Salzbergwerk. Es gibt schon verschiedene Publikationen dazu, seit kurzer Zeit ist eine neue dazugekommen.

Grömer/Kern/Reschreiter/Rösel-Mautendorfer: Textiles from Hallstatt
Budapest 2013

Textiles from Hallstatt

Mein liebster Mann hat es mal wieder geschafft es mir schnellstmöglichst zu besorgen und heute stand es mit einem Strauß Blumen und einem lieben Zettel auf dem Küchentisch, als ich nach Hause kam.
Ich habe nur einen kurzen Blick hineingeworfen und muss sagen, ich bin begeistert.
Es bietet eigentlich kaum was Neues, so viel vorweg gesagt, aber die Aufmachung rechtfertigt den hohen Preis. Es ist durchgehend deutsch/englisch und die Bebilderung ist von hoher Qualität.
Der Textteil enthält verschiedene Themen, die auch schon in anderen Hallstatt-Textilbücher besprochen wurden, hier ergänzt um neueste Erkenntnisse.
Inhaltsverzeichnis

Für mich als Weberin ist der Katolog der Hallstatttextilen  ab S. 234 - 574!!!, aufgeteilt in Bronze- und Eisenzeit, das eigentliche Highlight dieser Veröffentlichung: alle Textilien des Fundortes Hallstatt werden auf jeweils einer Seite mit weitgehenden Informationen vorgestellt. Dabei fehlen weder Garnstärken, Spinnrichtung, Spinnwinkel, Anzahl der Fäden auf den cm noch Webmuster, detaillierte Abbildungen Microaufnahmen der Faser, zum Teil Farbstofanalyse, schematische Zeichnungen, Saumverbindung, Technik und vieles mehr, was das Textilmottenherz höher schlagen lässt!!
Es ist ein sehr spezielles Buch und sicherlich weniger als Einstieg in die eisenzeitlichen Textilien geeignet, aber für mich eine echte Fundgrube, durch die ich mich weiter mit Begeisterung wühlen werde!

Danke, lieber Hans!


Freitag, 13. September 2013

Die Farben der Vergangenheit - 1. Teil Krapp

Angeregt durch Diskussionen mit diversen Darstellern, Interessierten und Archäologen möchte ich hier einen kleinen Überblick geben über die Pflanzenfarben der Vergangenheit. Die folgenden Erläuterungen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und können durch neueste Erkenntnisse auch schon morgen überholt sein. Trotzdem finde ich allein schon für den häuslichen Gebrauch hier so eine Zusammenfassung nützlich.
Die Grundlage für die jeweilige Pflanzenfarben mit ihren Inhaltsstoffen ist der Schweppe: Handbuch der Naturfarbstoffe, 1993, Landsberg, sowie weitere Pflanzenfarbbücher und Recherchen im Internet; Grundlage für ihre Evidenz in der Vergangenheit sind verschiedene Fundberichte wie auch textilarchäologische Untersuchungen verschiedener Autoren.

Beginnen möchte ich mit dem Farbstoff Rot!



Der wichtigste Vertreter für rote Farben im Bereich der textilen Rekonstruktion ist der Krapp/Rubia tinctoria, der Farbstoff ist hauptsächlich Alizarin sowie Pseudopurpurin, Purpurin und weitere Farbstoffe aus dem Bereich der Anthrachinonfarbstoffe.

Er wird heute fast überall verwendet, wo es gilt, textile Stoffe, Garne oder Rohwolle rot zu färben für die Verwendung in historischen Textilien. Aber ist es so selbstverständlich, dafür Krapp zu nehmen?







Es erstaunt vielleicht den ein oder anderen, dass rot gefärbte Textilien schon aus der Bronzezeit nachgewiesen werden konnten, der Hauptteil nachgewiesener Textilfarben aber aus der Eisenzeit stammt. In einer Auflistung von Hofmann-de Kejzer/Grömer (Hallstatttextilien) findet sich erstmal allerdings kein Nachweis von Krapp, sondern eher von verwandten Vertretern aus der Familie der Rötegewächse (sic!) wie das Echte Labkraut/Galium verum,
Echtes Labkraut/Galium verum








Kletten-Labkraut/Galium aparine, Waldmeister/Galium odoratum und weiteren für den mitteleuropäischen Raum . Sie enthalten ebenfalls die o.a. Farbstoffe, allerdings in geringerer Konzentration und es fehlen bestimmte andere, so dass eine Unterscheidung zu den Färbungen mit Krapp gemacht werden kann.

Krapp taucht nachgewiesen in späteren Fundlagen auf, z. B. im Dürrnberg und in eisenzeitlichen Funden aus Norwegen.

Die Verbreitung des Krapp fand wahrscheinlich in der mittleren Eisenzeit vom Orient aus statt, in geschichtlichen Quellen wird Krapp von Strabo, Plinius, Dioskurides und im Talmud beschrieben.

Färbermeister/Asperula tinctoria -  in Mitteleuropa heimisch
Eine Besonderheit in der Familie der Rötegewächse ist der Färbermeister. Er enthält nur wenig Alizarin, dafür mehr Purpurin und Pseudopurpurin.
"So konnte auf Textilien von zwei dänischen Grabfunden aus der Zeit der Völkerwanderung nachgewiesen werden, dass es sich zwar bei den Rottönen um Färbungen mit Farbstoffen vom Krapptyp handelt. Da aber nur Pseudopurpurin und Purpurin, aber kein Alizarin gefunden wurde, ließ sich Krapp als Farbstoff ausschließen" (Schweppe, S. 238, leider ohne Fundangabe).

Persönliche Gedanken:
Eine Krappfärbung wird in der Szene immer  'minderwertiger' als eine Indigo/Waidfärbung gesehen, weil der Aufwand der Färbung bei Krapp geringer ist als bei der aufwändigeren Küpenfärbung und gern für die mittleren/unteren Stände empfohlen.
Ich kann mich diesem Gedanken nicht mehr anschließen. Sicherlich ist die Waiddfärbung etwas aufwändiger, aber die Kultur des Waid ist gerade in unseren mitteleuropäischen Breiten ungleich leichter als die des Krapp. Krapp braucht einen gut humosen, lockeren Boden, Wärme  und hat einen dreijährigen Entwicklungszeitraum, bis die Wurzel erntereif ist. Weitere zwei bis drei Jahre sollten die Wurzeln gelagert werden, damit sich der Farbstoff entwickeln kann.
Ich gehe davon aus, dass Krapp aus wärmeren Klimaten (Mittelmeerländer) importiert werden musste, wo er auf großen Flächen angebaut werden konnte. Ich halte es deshalb für wahrscheinlich, dass Krapp einen höheren Gegenwert als Waid darstellte, zumindestens im vorgeschichtlichen Zeitraum und dass in dieser Zeit, aber wahrscheinlich auch später mehr auf heimische Labkrautarten zurückgegriffen wurde.

Wird fortgesetzt