Donnerstag, 18. April 2013

Spinnrichtungsmuster hat ein Ende

Es war ein zähes Ringen, das angefangene (hier und hier)  Spinnrichtungsmuster auch zu Ende zu führen.
Ich bekam ja dieses wundervolle nähfadendünne Garn von Randy. Nach der ersten Berechnung kam ich auf 12F/cm, was vielen der gefundenen eisenzeitlichen spinnrichtungsgemusterten Stoffen entspricht. Damit tauchte das erste Problem auf. Für einen Tunikastoff waren so ungefähr 5000 m Garn nötig; allerdings hatte ich nur 4000. Randy spann mir mit unendlicher Geduld, zweimal 500 m nach und beim Schären war ich noch sehr begeistert von der Feinheit und Gleichmäßigkeit des Garn. Beim Bäumen entstanden schon die ersten Schwierigkeiten und das erste Anweben war eine einzige Katastrophe.
Das Garn war gleichmäßig und fest gesponnen, aber Islandwolle hat leider den Nachteil sehr leicht zu filzen und das zeigte sich hier wieder deutlich. Die Auf- und Ab-Bewegungen der Schäfte sowie die Vor-und Rück-Bewegung des Kammes verfilzten die Kette im Nu. Es wäre auch nicht möglich gewesen, die Kette weiter einzustellen; es zeigte sich, dass schon 12 Fäden sehr weit waren und das Garn normalerweise eine noch dichtere Einstellung (etwa 15 -16 Fäden) gebraucht hätte.
Die ersten 10 cm konnte ich leider hinterher nur noch wegschmeißen, zu dicht das Gewirr, zu viele Fäden gerissen.
Ich kam dann auf die glorreiche Idee, die Kette zu schlichten mit einem überlieferten Rezept aus Stärke, Öl und kochendem Wasser. Erfolg: die nebeneinanderliegenden Fäden pappten noch besser aneinander und das Fach war fast gar nicht mehr zu öffnen.
Wenn das Garn nicht mit so viel Liebe und Zeitaufwand gesponnen worden wäre - extra für mich - hätte ich liebend gern das Ganze vom Webstuhl gerissen und in die Tonne getreten. So quälte ich mich zentimeterweise vorwärts: Fach öffnen, mit der Hand klebende Fäden voninander trennen, Trennstab einlegen, auf dem das Schiffchen durch das Fach gleiten konnte, gerissene Kettfäden reparieren - es war keine Freude.
Auch ein anderes Schlichterezept zeigte keinen Erfolg.
Andere Weber gaben mir den Tipp mit ShowSheen, einem Mähnenspray für Pferde. Aber damit hätte ich die Fasern mit Silokon umhüllt, das wohl schwerlich durch eine Wäsche wieder auszuwaschen gewesen wäre.
In meiner letzten Verzweiflung bat ich meinen Mann mir die billigste Sprühstärke aus dem Supermarkt mitzubringen.
Das brachte schlussendlich den Durchbruch. Die Fasern wurden bei jedem Weiterrollen hinter den Schäften satt damit eingesprüht und durften beim Weben trocknen, so konnte ich das Verkleben der Fäden miteinander verhindern.
Zum Schluss ging es sogar recht fix und das Weben machte mir wieder Spaß, auch wenn sich vom Spinnrichtungsmuster nichts, auch nicht bei Lichteinstrahlung zeigte.
Nun, was soll ich sagen: der Stoff ist gewaschen gemangelt und zeigt jetzt je nach Lichteinfall das berühmte Spinnrichtungsmuster, das ich diesmal schon beim Einzug eher unregelmäßig gewählt hatte!
Er hat seine Premiere auf der IRM am Wochenende!



Der Stoff ist in real brauner, nicht so grau

6 Kommentare:

  1. wirklich schön geworden! Freut mich zu hören, dass nach dem ganzen Chaos doch noch ein vorzeigbares Ergebnis dabei herauskam - es ist wohl nichts frustrierender, als Monate an einem Projekt zu sitzen, das man danach nur noch entsorgen kann.

    entstehen die Karos nur durch den Wechsel der Spinnrichtung, wie bei dem Fund aus Kirchberg?

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    1. Kirchberg sagt mir nix, kannst du mich aufklären, bitte? Die Vorlage zu den Spinnrichtungsmustern habe ich bei vielen eisenzeitlichen Textilien gefunden.
      Marled

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  2. Boahhhh ! Wow. Du bist so tapfer.
    Schön das es geklappt hat, und Du warst echt schnell am Ende !
    RESPEKT.

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  3. Tja, am Ende war ich eigentlich schon vor dem Ende ;-))

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  4. Ihr glaubt alle nicht, wie froh ich erst bin, dass das Teil endlich fertig geworden ist...

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    1. Tja, mein lieber Mann hat hautnah alle Flucherei und schlechte Laune abgekriegt; es tut mir jetzt noch leid!!

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